Freitag, 27. April 2012

Theaterstück der 6.Akt -- Elias stationär in der Kinderpsychiatrie

Nachdem ich jetzt so liebe Posts bekommen habe und mich hier leider schon sehr lange nicht mehr hab blicken lassen, muß ich jetzt einfach mal wieder weiter schreiben. Immerhin hab ich einiges an Zeit aufzuholen. Elias ist ja eigentlich schon fast 9 Jahre alt :o) Also genug Stoff zum tippseln.

So jetzt muß ich mal in meinem Kopf zurückblättern ins Jahr 2008 Es ist sein Einschulungsjahr die letzten Tage im Heilpädkita. Ich hatte so viel wirres im Kopf zu dieser Zeit. Hatte ich doch gerade erst gehört das mein Kind evtl autistisch ist. Mein Sogenannter Kinderpsychiater hatte mir die Diagnostik verweigert und Elias war in der Kinderpsychiatrie angemeldet, zur stationären Diagnostik. Man könne ihn so besser beurteilen, so hieß es. Es sollte sich als sehr großer Fehler herausstellen aber lest selbst.

Es war ein Freitagnachmittag im Sommer 2008 und ich erhielt einen Anruf. Elias muß am Montag! in die Klinik. Ich war wie vor den Kopf gestoßen hatte ich doch mit einer Wartezeit von 3 Monaten gerechnet. Montag, so bald schon. Ich zog mein Kind auf meinen Schoß und die Tränen liefen. Damit kam der Kleine Kerl aber garnicht klar, meine Tränen fielen auf seinen Arm. "Laß das MAMA du machst mich nass" Er stieß sich weg und ging. Jetzt war mir klar - er braucht Hilfe und ich Klarheit. Nur das macht die Sache nicht leichter. 1h Später klingelte das Telefon erneut ich bekam gesagt was ich mitbringen mußte.

Ich fand das schon krass immerhin hat Elias die Station noch nicht einmal gesehn! Ich ging einkaufen besorgte alles was fehlte und das war ne Menge unter anderem ein Berg Süßigkeiten. Um genau zu sein besorgte ich für die geplanten 6 Wochen Süßes für 15 Euro. Behaltet das mal im Hinterkopf.

Es war Montagmorgen und ich lud mein Kind und Gepäck ins Auto. Tränen hatte ich keine mehr, mir gings nur noch sc.... aber ich versuchte das zu überspielen und es ihn nicht merken zu lassen. Wir hatten viel über seinen "Urlaub" gesprochen.
Da angekommen bekam er ein Einzelzimmer, das durften wir innerhalb einer Stunde dekorieren. Die Leckereien kamen ins Schwesternzimmer genau wie der Nintendo. Es folgten Aufnahmegespräche bei denen Elias zum Teil nicht anwesend sein durfte. Er blieb allein in seinem Zimmer. Ich bekam einen Ordner den ich mit ihm durchgehn sollte und ihm alles erklären sollte was da drin steht. Ich war das erste mal geschockt, das war eine Hausordnung und der Tagesplan. (MEINE AUFGABE?) Nun gut ich nahm das Ding und ging zu ihm. Auf dem Weg fiel mir auf das der ganze Stationsbetrieb auf Kinder ausgelegt war die lesen können. Elias konnte noch nciht lesen er war grad mal 6 Jahre alt. Keine Pictogramme nur Schrift. Ich war bei ihm und versuchte den Ordner durchzugehn. Aber schon beim Tagesablauf schluckte ich. Er sollte selbstständig morgens 6:30 Uhr aufstehn sich allein fertig machen das Bett machen und gewaschen mit geputzten Zähnen im Esszimmer zum Frühstück erscheinen.  Leute er war grad mal 6, nicht 16.

Ich sprach das Personal an und wies sie ersteinmal darauf hin das er noch nicht lesen kann da er KEIN Schulkind ist, *erstaunen* der nächste Punkt .. das er sehrwohl Hilfe braucht bei alltäglichen Dingen. Und unser Glück zu diesem Zeitpunkt hatte ich grade die Pflegestufe durch. Nachdem ich erwähnte das er Pflegestufe 1 hat, war es keine Frage mehr das er sein Bett nicht machen kann oder nicht alleine duschen gehn kann. Trotzdem auch ein 6 jähriger ohne seine Probleme wäre hierbei doch ein wenig überfordert.

Irgendwann mußte ich gehn, und fuhr wieder heulend nach Hause. Keine Ahnung wo die Tränen herkamen und das ich überhaupt noch welche hatte. Er klebte an der großen Fensterscheibe und sah mir nur nach, kein winken ... nichts, nur diese traurigen dunkelbraunen Kulleraugen.

Und ich darf ihn nur einmal die Woche anrufen und nur einmal die Woche für 1h sehn. Das wird eine harte Zeit.

21 Uhr das Telefon klingelt, es ist die Kinderpsychiatrie. Ich höre Elias im Hintergrund und schreit sich heiser ich höre genau raus wie fertig er ist. Sie wollen ihm etwas spritzen er macht dieses "Theater" seit 3h.
Ich erkläre der Schwester das ich nicht möchte das Elias gespritzt wird.  Kurze Zeit später (30 min) habe ich die Ärztin dran sie möchte unbedingt etwas spritzen. Ich sage wieder NEIN, er kläre mich aber bereit vorbeizukommen und Elias zu beruhigen. Ich darf nicht kommen. Er schreit immernoch. Die nächste Stunde klingelt das Telefon weitere male immer mit der Bitte ihn ruhigstellen zu dürfen. Ich bleibe beim NEIN und meiner Bereitschaft vorbeizukommen. Ehrlich ich sitze schon innerlich im Auto, darf aber nicht. Nach ca 5,5h ist Elias in der Turnhalle eingeschlafen, er durfte nicht in sein Bett gehn. Ich mußte natürlich den nächsten Tag antreten weil ich die Medikation verhindert habe und ich sollte meine Einwilligung geben das er immer mal etwas bekommen darf wenn er derart austickt.

Versetzt euch mal in das Kind. Er ist allein in einer neuen Umgebung die er nicht kennt darf nicht mit mir sprechen darf mich nicht sehn... Ich hätte ihn am liebsten wieder eingepackt, aber die Diagnostik sollte da laufen und ambulant wußte ich nicht wohin ich gehn soll. Das Jugendamt im Nacken - er soll in Pflege gegeben werden, das will ich nicht.

Mittwoch Mittag - Arztgespräch: Elias hat kein Autismus. Medis komplett abgesetzt, so könne man ihn besser beurteilen. Ein Hinweis folgt noch, ich muß neue Süßifkeiten kaufen, die seien ALLE!!! Ich bin entsetzt?! Wo sind die hin der Kasten war Randvoll. Ich bekomme ADHS Fragebögen die ich am kommenden WE ausfüllen muß, aller 4h einen Bogen. Die Bögen sind dafür nicht ausgelegt, sondern eher für eine Zeitspanne von 4 Monaten, ich kann sie kaum ausfüllen, gebe aber mein bestes. Elias blüht zu Hause auf, und will nicht zurück. Aber er muß.
Schweren Herzens bringe ich ihn zurück. Mit neuen Süßigkeiten im Gepäck. Aber die lassen mir keine Ruhe ich frage also was mit den alten Leckereien passiert sei. Und die Antwort erstaunte mich zutiefst. Man müsse das Kind erstmal anfüttern um dann einen Anreiz zu haben das er macht was man sagt. AHA das nenne ich mal therapeutisch sehr wirksam. Ich weise darauf hin das mir das nicht recht ist, da Elias ohnehin sehr wenig isst und durch die ganzen Süßigkeiten zwar Kalorien aber keine Nährstoffe bekommt. Bei der Aufnahme wog er 21 kg. Hart erkämpfte 21 kg! Ich spreche auch das Ernährungsproblem mit den Schwestern durch, seine Selektion ist zu dieser Zeit extrem er isst eigentlich nur Kartoffeln Nudeln und Brot trocken und pur ohne Belag Soßen oder andere Zutaten. Trinken tut er Leitungswasser. Und natürlich liebt er Süßes!

So vergehn die nächsten 2 Wochen mit vielen Tränen.  Ich fahre hin und her habe Arztgespräche sehe aber Elias nicht ich darf aber 1x die Woche 10 min telefonieren. Nur das kann er noch nicht so erzähle ich ihm einfach alles was wir so alles gemacht haben. Antworten tut er nicht. Er sagt nur "Tschüß" als er auflegen muß.

Langsam lebt er sich ein die Schreiattacken werden seltener. Als der nächste Anruf kommt. Elias hätte Schmerzen ind ich soll mit ihm ins Krankenhaus fahren. Sie hätten schon eine Klinik informiert. Er hatte Schmerzen im rechten Oberarm / Schulterbereich und hat der Ärztin erzählt das er etwas rotes in der Toilette hatte nachdem diese genau DAS gefragt hat. Ich weiß auch was das rote war... es war Playmobil vom letzten Jahr Weihnachten. Da ssagte ich auch der Ärztin das ist zu lange her und ich halte es für blödsinn deswegen jetzt ins KH zu fahren. Somal es ja hinten wieder rauskam, ähm vor vielen Monaten. Aber ich muß fahren da er wohl auch Fieber bekommen hat. Ja klar sag ich hier im Haus sind derzeit alle Kinder krank und er war ja nunmal am WE zu Hause. Hats ihn halt auch erwischt.

Aber ich bin eine nette Mutter und bevor mir einer einen Strick draus dreht fahre ich in die Klinik. Die Ärzte dort behandeln mich als wäre ich entmündigt wollen alles mit der Klinikärztin besprechen. JETZT flippe ich aus und werde sehr energisch. "ES IST MEIN KIND UND ICH HABE DAS SORGERECHT, NICHT DIE KINDERPSYCHIATRIE" daraufhin folgt ein Gespräch außerhalb des Behandlungszimmers, wahrschienlich mit der Psychiatrie. (Vielleicht wollten die ja jetzt mich mal einweisen, zur Abwechslung) Jedenfalls darf ich jetzt wieder Entscheidungen fällen und die da sind, er muß zur Beobachtung dableiben. Für ihn ein Paradies.  ICH darf kommen und gehen wie ich möchte darf mit ihm spazierengehn und rumalbern und er hat fast Narrenfreiheit und EINE Schwesternschülerin nur für sich. Dort gings ihm gut. 3 Tage später mußte er leider wieder zurück in die Psychiatrie, aber abends durfte ich ihn gleich wieder holen. Er hat wieder Schmerzen und soll wieder in die Klinik zur ... Darmspiegelung! ... Ne Leute jetzt reichts! Ich sage ich hole ihn gerne ab aber ich werde ihn nicht ins KH bringen. Gesagt getan.... wir fahren fürs erste nach Hause. Auf dem Weg frage ich ihn einfach auf den Kopf hin warum ihn denn sein Arm immer so wehtut. "Ich hab eins draufgekriegt von den Großen" bekam ich zur Antwort. ALLES KLAR - es ist ne Rippenprellung er hält sich den Arm beim Husten Lachen und Niesen fest. Er äußert aber keinen Schmerz. Ich fahre zum Röntgen und bekomme für ihn 3 Tage zu Hause Frei und ein Rezept über Schmerzmittel die er ohne das er schmerzen äußert regelmäßig nehmen soll. Eine Rippenprellung tut weh das sieht man wenn man ihn beobachtet dafür muß er nicht sagen das er Schmerzen hat. Der Arzt schreibt alles haarkleingenau auf für die Kinderpsychiatrie.

Die 3 Tage verfliegen ganz schnell und er muß wieder rein, inkl seiner Schmerzmittel. 2 Tage später hole ich ihn fürs WE ab und bekomme keine Medis mit obwohl ich sie da abgegebn habe. Ich spreche die Schwester darauf hin an und sie schaut ins Krankenblatt und sagt es sei nichts verzeichnet. Ich habe ja noch Schmerzmittel daheim und gehe ohne Medis. Sonntag beim zurückbringen möchte ich das klären und frage nach. Antwort: Er hat keine Schmerzen geäußert also bekommt er auch kein Schmerzmittel. BUMM - TOLL, Na klasse, denke ich, was sind die doch do...
Ich gehe die Wand hoch die Ärztin kommt und mein Kind darf daraufhin 3x am Tag ein Schmerzmittel bekommen. Ob er es wirklich je bekommen hat weiß ich leider nicht.

Wir sind nun fast am Ende der 6 Wochen, ich will ihn nur noch da raus haben, koste es was es wolle, mir ist langsam alles egal. Ich setze mich durch und darf mein Kind nach einem Runden Tisch Gespräch mit dem Jugendamt und Ärzten und Pflegepersonal wieder mit nach Hause nehmen. Und hier geht die Aufbauarbeit erst richtig los. Elias wiegt nur noch 18,1 kg er sieht von hinten aus wie ein KZ- Kind völlig unterernährt. Ich werde Wochen brauchen bis wir das Gewicht wieder drauf haben. Von der Seelischen Seite mal ganz zu schweigen.

Aber jetzt gehts ab .... in 2 Tagen ist Schulanfang! Die Aufregung läßt manches erlebte etwas vergessen.
Davon aber das nächste mal, Elias hat nämlich unterdessen einen ganz kleinen Bruder bekommen und der braucht grad seine Mama.

Bis bald